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Als (mögliches) Opfer sexualisierter Gewalt stellen Sie sich möglicherweise viele Fragen zu dem, was Ihnen widerfahren ist. Hier finden Sie weitere Informationen darüber, was genau sexualisierte Gewalt ist und wie verbreitet sie ist. Außerdem wird erläutert, welche Reaktionen, Beschwerden und Gefühle sie hervorrufen kann. Darüber hinaus weisen wir Ihnen den Weg zur richtigen Hilfe. 

Sexualisierte Gewalt und Zustimmung

Sexualisierte Gewalt und Zustimmung

Was ist sexualisierte Gewalt? 

Sexualisierte Gewalt umfasst jede Form von unerwünschtem sexuellem Kontakt. 

Wenn es zu keinem körperlichen Kontakt zwischen Ihnen und dem/der Täter:in gekommen ist, kann man von einer Hands-off-Handlung sprechen (z. B. sexuelle Belästigung). Sogenannte Hands-on-Formen der sexualisierten Gewalt sind Handlungen mit Körperkontakt, wie z. B. sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung.

Der Unterschied zwischen den beiden letztgenannten Hands-on-Formen der sexualisierten Gewalt liegt in der sexuellen Penetration:

  • Eine sexuelle Nötigung liegt vor, wenn Sie ohne Zustimmung berührt werden, ohne dass Sie sexuell penetriert werden, oder wenn Sie sexuellen Handlungen ausgesetzt werden, ohne dass Sie selbst daran teilnehmen müssen.
  • Sobald eine Penetration sexueller Natur (mit einem Körperteil wie dem Penis, der Zunge, den Fingern oder einem Gegenstand) in eine Körperöffnung erfolgt, spricht man von Vergewaltigung. 

Was bedeutet Zustimmung? 

Der Unterschied zwischen erwünschten und unerwünschten sexuellen Kontakten liegt in der Zustimmung. Vielleicht haben Sie aus Angst vor Gewalt oder aus moralischem Zwang nicht laut „Nein“ zu sexuellen Kontakten gesagt. Doch auch Ihr Körper kann „Nein“ gesagt haben, indem er stumm oder gelähmt blieb.

Sie sind noch immer unsicher darüber, was eine Zustimmung ist und was nicht? Dann sehen Sie sich dieses Video an. 

Sexualisierte Gewalt ist weit verbreitet

Sexualisierte Gewalt ist ein weit verbreitetes Problem: 64 % der belgischen Bevölkerung zwischen 16 und 69 Jahren haben bereits irgendeine Form sexualisierter Gewalt erlebt. 

(Un-)Sinn über sexualisierte Gewalt

Es gibt viele falsche Vorstellungen über sexualisierte Gewalt. So wird beispielsweise häufig angenommen, dass nur Männer sexualisierte Gewalt ausüben und dass der/die Täter:in dem Opfer in der Regel fremd ist.

Die FAQ räumen mit einer Reihe von Mythen auf. 


Quelle

  1. Keygnaert I - De Schrijver L - Cismaru Inescu A - Schapansky E - Nobels A - Hahaut B - Stappers C - Debauw Z - Lemonne A - Renard B - Weewauters M - Nisen L - Vander Beken T - Vandeviver C. Understanding the Mechanisms, Nature, Magnitude and Impact of Sexual Violence in Belgium. Final Report. Brüssel: Belgian Science Policy 2021 – 142 p. (BRAIN-be - (Belgian Research Action through Interdisciplinary Networks)).

Reaktionen auf sexualisierte Gewalt

Wie reagiert Ihr Körper auf sexualisierte Gewalt?

Körperliche Reaktionen beim Erleben von sexualisierter Gewalt

Wenn Sie sexualisierte Gewalt erleben, schaltet Ihr Körper auf Autopilot und Sie reagieren instinktiv. Das FFFF-Modell sieht vier mögliche Reaktionen vor: 

  • Fight oder zurückschlagen;
  • Flight oder entfliehen;
  • Freeze oder erstarren;
  • Fawn oder gefügig werden.

Manche Opfer bekommen während der sexualisierten Gewalt eine Erektion oder einen Orgasmus. Das kann verwirrend sein, denn dann scheint es, als würden sie es genießen. Es ist wichtig zu wissen, dass Sie auch unter extremem Stress einen Orgasmus bekommen oder ejakulieren können. Dafür muss also keine sexuelle Erregung vorliegen.

All diese Reaktionen sind normal. Unabhängig davon, wie Sie reagiert haben, tragen Sie als Opfer niemals die Schuld.

Gefühle und Folgen von sexualisierter Gewalt 

Jede Form von sexualisierter Gewalt ist schwerwiegend und strafbar. Vergessen Sie nicht, dass die Verantwortung immer bei dem/der Täter:in liegt. Es gibt keine „Aufforderung“ dazu. Niemand hat sexuelle Gewalt verdient oder will sie. 

Die Symptome können unmittelbar nach dem Erleben der sexualisierten Gewalt auftreten, sich aber auch erst Jahre später zeigen.

Die mit sexualisierter Gewalt verbundenen Gefühle sind von Opfer zu Opfer unterschiedlich: Angst, Verwirrung, Scham, Wut, Demütigung, Lähmung ... 

Ein häufiges Gefühl ist die Schuld: wegen dem, was passiert ist und nicht hätte passieren dürfen, weil es Ihnen passiert ist, weil Sie sich angeblich nicht genug gewehrt haben, weil Sie es nicht kommen sahen, weil Sie sich nicht getraut haben, etwas zu sagen ... Wie auch immer es passiert ist oder wie auch immer Sie reagiert haben: Denken Sie immer daran, dass Sie nicht schuld sind. Ihre Handlungen oder Entscheidungen haben die Gewalt in keiner Weise verursacht. Die Schuld liegt allein bei dem/der Täter:in.

Neben unangenehmen Gefühlen können Sie als Opfer auch körperliche oder psychische Folgen der sexualisierten Gewalt erleben, wie Reizbarkeit, Wutausbrüche, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, übermäßige Wachsamkeit, starke Schreckreaktionen, psychische und körperliche Reaktionen auf ähnliche Ereignisse, Wiedererleben der Ereignisse ... 

Sie möchten mehr über die möglichen Folgen von sexualisierter Gewalt und praktische Tipps für den Umgang damit erfahren? Dann lesen Sie unsere Broschüre für Opfer

Informationen für junge Menschen

Du bist ein junger Mensch und wurdest unangemessen berührt?

Sexualisierte Gewalt und Zustimmung

Wenn dich jemand berührt oder zu sexuellen Kontakten überredet hat, ohne dass du es wolltest oder mochtest, ist das nicht in Ordnung. In diesem Fall sprechen wir von sexualisierter Gewalt. Sei dir bewusst, dass es nicht deine Schuld ist, auch wenn du nie laut „Nein“ gesagt oder dich nicht gewehrt hast. Nur diejenige Person, die deine Grenzen überschritten hat, trägt die Schuld daran.

Du bist noch immer unsicher darüber, was eine Zustimmung ist und was nicht? Dann sieh dir dieses Video an. 

Sexualisierte Gewalt im Recht 

Wenn du 14 Jahre alt oder jünger bist, kannst du einem sexuellen Kontakt rechtlich gesehen niemals zustimmen. Wenn du zwischen 14 und 16 Jahre alt bist, darfst du laut Gesetz sexuellen Kontakten mit einer Person zustimmen, die höchstens drei Jahre älter ist. 

Als Minderjährige:r kannst du niemals zustimmen, wenn: 

  • die andere Person ein:e Blutsverwandte:r oder angeheiratete:r Verwandte:r ist (z. B. ein Bruder oder eine Schwester, ein (Groß-)Elternteil, ein Onkel oder eine Tante ...);
  • die andere Person eine Autoritäts- oder Vertrauensstellung dir gegenüber hat (z. B. ein:e (Sport-)Lehrer:in, ein:e Ärzt:in ...);
  • dich jemand dazu bringt, sexuelle Kontakte mit einer anderen Person zu haben. 

Hilfe suchen oder darüber sprechen 

Wenn du sexualisierte Gewalt erlebt hast, kannst du verwirrende Gefühle wie Schuld, Scham und Traurigkeit empfinden. Um diesen Gefühlen einen Platz zu geben, solltest du sie am besten nicht für dich behalten. Sprich darüber mit jemandem, dem du vertraust: deinen Eltern, einem/einer Freund:in, Lehrer:in, Ärzt:in, Sozialarbeiter:in, Psycholog:in ... 

Du möchtest deine Geschichte lieber anonym erzählen? Dann kontaktiere die Mitarbeitenden von Telefonhilfe. Die 108 ist rund um die Uhr erreichbar. Ein Anruf ist völlig anonym und erscheint nicht auf der Telefonrechnung. Sie können auch anonym mit einem/einer Ehrenamtlichen von Telefonhilfe chatten.

Betreuungszentren nach Sexueller Gewalt

In einem Betreuungszentrum findest du ein offenes Ohr und erhältst die Betreuung, die du brauchst. Weitere Informationen zu deiner Situation findest du in der Hilfesuchmaschine. Die Kontaktdaten aller Betreuungszentren findest du auf der Kontaktseite.

Betreuungszentrum nach Sexueller Gewalt

Was kann ein Betreuungszentrum nach Sexueller Gewalt für Sie tun?

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In einem Betreuungszentrum können Sie als Opfer ein Gesamtpaket an kostenloser Betreuung und Unterstützung erhalten. Ausgebildete Krankenpflegefachkräfte, Psycholog:innen und die Polizei arbeiten unter einem Dach zusammen, um Ihnen folgende Dienstleistungen anzubieten:

  • Medizinische Versorgung: Versorgung von Verletzungen und Wunden und Durchführung einer medizinischen Untersuchung, die sich mit den körperlichen, sexuellen und/oder reproduktiven Folgen der sexualisierten Gewalt befasst (einschließlich STD-Screening, Notfallverhütung, Behandlung bei Gefahr einer HIV-Übertragung und vorbeugende oder indizierte Behandlung von Hepatitis A oder B und Tetanus).
  • Forensische Untersuchung: Aufnahme von Verletzungen und Sammlung von Beweisen an Ihrem Körper oder Ihrer Kleidung.
  • Anzeigenerstattung: In einem Betreuungszentrum können Sie eine Anzeige bei der Polizei erstatten. Zögern Sie noch, dies zu tun? Dann wird das gesammelte Beweismaterial für einen vorher vereinbarten Zeitraum aufbewahrt. So können Sie sich auch noch später dazu entscheiden, Anzeige zu erstatten.
  • Psychologische Betreuung: Offenes Ohr, Informationen und Beratung zu den normalen Reaktionen nach sexualisierter Gewalt und Tipps zum Umgang damit Ein Betreuungszentrum beschäftigt auch klinische Psycholog:innen, die Sie betreuen können. 
  • Nachsorge: Sie können eine Zeit lang in einem Betreuungszentrum medizinisch und psychologisch betreut werden. Darüber hinaus wird eine entsprechende Überweisung an geeignete psychosoziale und rechtliche Dienste sichergestellt.

Was ein Betreuungszentrum nach Sexueller Gewalt für Sie tun kann, hängt davon ab, wie lange die sexualisierte Gewalt zurückliegt. Weitere Informationen zu Ihrer konkreten Situation finden Sie in der Hilfesuchmaschine.  Einzelheiten zu allen Betreuungszentren finden Sie auf der Kontaktseite.
 

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